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Beschlag

2007

stills from the video 3.24 min loop camera _Barbara Lubich
editing_Constanze Nowak sound design: Nikolaus Wörnle place of exhibition: Neu Deli Kunstraum Leipzig, Delikatessenhaus e.V., Leipzig, Germany

Hände, Arme und Füße sind in Großaufnahme zu sehen. Die Person steht barfuß in einem dunklen Raum. Die geschäftigen Hände sind in warmes Licht getaucht, der Boden ist mit getrocknetem Morast bedeckt, der wie Scherben aussieht. Der klare Rhythmus von Hammerschlägen hallt in dem leeren Raum wider. Man sieht Hände, die mit großen Nägeln runde weiße Gegenstände auf einen schwarzen Holzkörper nageln. Einige dieser Objekte liegen auch auf dem Boden zwischen getrocknetem Schlamm.

Die Videochoreografie besteht aus reduzierten Bildausschnitten und den Geräuschen der arbeitenden Person.

Das Krachen der Schläge, die Präzision, der Rhythmus täuschen für einen Moment. Sie lassen an etwas Handwerkliches, Festes, Klares denken. Bis man merkt, dass es sich bei den Gegenständen, die da festgenagelt werden, um hohle Eierschalen handelt. Es dauert einen Moment, bis der Betrachter die Schalen als solche bemerkt – und damit ihre Zerbrechlichkeit.

Umso unvermittelter trifft ihn diese Erkenntnis, wenn die Kamera näher herangeht und die Zerbrechlichkeit sichtbar wird. Das beherzte Setzen und Hämmern der runden weißen Formen wirkt so sicher und zielstrebig. Doch plötzlich durchfährt den Betrachter ein Schauer des Erkennens.

Sofort drängen sich Assoziationen auf. Eierschalen sind der Inbegriff von Zerbrechlichkeit. Etwas wie „rohe Eier“ zu handhaben, macht deutlich, dass Vorsicht und Behutsamkeit geboten sind. Dass diese nun mit sicheren Hammerschlägen auf den schwarzen Holztorso genagelt werden, verunsichert den Betrachter, berührt etwas.

Vielleicht hat man den Impuls, dem Einhalt gebieten zu wollen. Vielleicht hat es fast etwas Unheimliches, dass jemand so dreist die zarten Objekte festnagelt. Fast etwas Surreales. Und doch ist es etwas, das wir alle kennen. Deshalb ist es uns unangenehm, zuzusehen. Es ist etwas zutiefst Menschliches, so mit zerbrechlichen Dingen umzugehen, sie für seine Zwecke zu missbrauchen.

Text: Constanze Böckmann

Hands, arms and feet can be seen in close-up. The person stands barefoot in a dark room. The busy handsare bathed in warm light, the floor is covered in dried mud that looks like broken glass, and the clear rhythmof hammer blows echoes in the empty room. You can see hands nailing round white objects onto a blackwooden body with large nails. Some of these objects are also lying on the floor between dried mud.

The video choreography consists of reduced image sections and the sounds of the person working.

The crashing of the blows, the precision, the rhythm are deceptive for a moment. They make you think ofsomething manual, solid and clear. Until you realise that the objects being nailed down are hollow eggshells, and it takes a moment for the viewer to notice the shells as such – and thus their fragility.

This realisation is all the more sudden when the camera moves closer and the fragility becomes visible. The bold positioning and hammering of the round white shapes seems so confident and purposeful. But suddenly a shiver of realisation runs through the viewer.

Associations immediately come to mind. Eggshells are the epitome of fragility. Handling something like „raweggs“ makes it clear that caution and care are required. The fact that these are now nailed to the blackwooden torso with sure hammer blows unsettles the viewer, touches them a little.

Perhaps one has the impulse to want to put a stop to it. Perhaps there is something almost uncanny aboutsomeone nailing the delicate objects so brazenly. Almost surreal. And yet it’s something we all know. That’swhy it makes us uncomfortable to watch. There is something deeply human about dealing with fragile thingsin this way, abusing them for your own purposes.

Text: Constanze Böckmann

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